Die Villa Carl Wilhelm Klein

Die Villa Carl Wilhelm Klein

Auszug aus den „Walder Nachrichten“ von Alexander Linder 

Hier wollen wir  beschreiben, wie Eigentümer ihre Häuser renoviert und verschönert haben. Solche privaten Maßnahmen halten wir für sehr wichtig, da sie ein sichtbares Signal dafür sind, wie unser Stadtteil WALD durch dieses Engagement schöner und attraktiver wird. Darum wollen wir in Zukunft wieder öfter über solche Aktivitäten berichten. Heute geht es um die Villa Friedrich-Ebert-Straße 23, ein markantes Gebäude, welches sich im Eigentum von Heinz und Astrid Rieke befindet. Das Ehepaar 11 Rieke hat die Villa nach ihrem Erwerb sehr behutsam und mustergültig renoviert, wobei darauf geachtet wurde, die wertvolle originale Bausubstanz weitgehend zu erhalten. Die Villa wurde 1914 von Herrn Carl-Wilhelm Klein errichtet, der eine Drahtzieherei betrieb.   

Die Villa blieb bis zum Jahre 2019 in Familienbesitz, bis die Tochter Ottilie Klein im Alter von 101 Jahren verstarb. Die Familie Klein hat im Rahmen der „Bekennenden Kirche“ während der Nazi-Zeit in der ev. Kirchengemeinde WALD eine sehr mutige und ehrenvolle Rolle gespielt. Diese Villa weist alle Merkmale einer großbürgerlichen Wohnhauses aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg auf. Von außen zeigt sich ein tief gestaffelter Baukörper, der straßenseitig durch umlaufende Sohlbankgesimse, das große zweiachsige Zwerghaus im Dachbereich, einen zweiachsigen Standerker und sehr schönen und qualitätsvolle Kunststeinreliefs aufgelockert wird. Der Haupteingang befindet sich versetzt an der linken Seite des Gebäudes. Gegenüber auf der anderen Hausseite befindet sich ein Wintergarten, der von einem Balkon bekrönt wird. Über der Haustür zeigen sich sehr schöne im Original erhaltene Buntglasfenster, wie man sie heute nur noch selten findet. Die meisten dieser oft sehr kunstvoll gestalteten Fenster sind leider in den letzten Jahrzehnten bei unsensiblen Renovierungsarbeiten verloren gegangen. Die Existenz dieser Buntglasfenster rührt übrigens von einer alten preußischen Bauordnung her. Diese Bauordnung schrieb vor, dass in Treppenhäusern keine Fenster eingebaut werden durften, die zu eine Blendung bei der Benutzung der Treppen führen konnten. Viele Bauherren, vor allem größerer Häuser, nutzen diese Vorschrift, um ihre Häuser durch aufwendig und teilweise sehr kunstvoll gestaltete Fenster aufzuwerten. Im Inneren der Villa ist die ursprüngliche Raumaufteilung glücklicherweise ebenfalls erhalten worden, an der sich die ursprüngliche Nutzung derRäume und das soziale Gefüge im wilhelminischen Deutschland sehr schön ablesen lässt. 12 Im Erdgeschoß befinden sich neben dem Eingang mit Windfang, Garderobe und Toilette die Gesellschaftsräume, die obligatorisch aus einem großen Speiseraum mit angrenzendem Salon bestehen, nach Möglichkeit ergänzt durch einen Wintergarten, der vom Speiseraum oder Salon zu begehen ist. Dazu gesellen sich, je nach Größe der Villen, weitere Räume, beispielsweise Empfangszimmer für Besucher, Musikzimmer und Bibliothek. Diese Räumlichkeiten waren den Hauseigentümern und deren Besuchern vorbehalten. Daneben gab es Räumlichkeiten für die Bediensteten, bei dieser Villa bestehend aus Küche, Abstellraum und separater Treppe in die oberen Stockwerke. Im ersten Stock befinden sich die Schlafräume der Hauseigentümer und ein Badezimmer, welches im Jahre 1914 einen großen Luxus darstellte. Im Dachgeschoß waren normalerweise die Zimmer der Angestellten untergebracht. Ein Dienstmädchen war eigentlich immer angestellt, häufig ergänzt durch Köchin, Gärtner, Chauffeur und bei größeren Häusern einem Diener. Die Raumaufteilung war so angelegt, dass die Eigentümerfamilie bei allem Komfort durch die Bediensteten eine größtmögliche Privatsphäre genießen konnte, daher auch die separate Treppe für die Angestellten und die zusätzlichen Eingänge auf der Rückseite des Hauses. Die Gesellschaftsräume hatten eine große Bedeutung in allen größeren Villen, da sich das gesellschaftliche Leben, bestehend beispielsweise aus aufwendigen Dinner und Bällen, hauptsächlich in Privathäusern abspielte. Das Ehepaar Rieke hat die Villa aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt und nutzt sie nun als Eventhaus für die Ausrichtung von Familienfeiern, größeren Events und ähnlichen Veranstaltungen und greift damit eine wesentliche Funktion einer Villa wieder auf. Eine bessere Nutzung eines solchen schönen und großen Hauses kann man sich kaum vorstellen. Daher wünschen wir den Eheleuten Rieke viel Erfolg. 

Alexander Linder


Nach der Renovierung

Vor der Renovierung